Aus der Ratssitzung: Darum habe ich die Gebührensatzung für die Geflüchteten- und Obdachlosenunterkunft abgelehnt

Ich habe in der heutigen Sitzung des Rates der Stadt Hemmingen gegen die Gebührensatzung für die Unterkunft von Obdachlosen und Geflüchteten gestimmt. Mir ist bewusst, dass es sich hier um eine Gebühr und nicht um eine Miete handelt. Deshalb möchte ich auf den Begriff „Mietwucher“ an dieser Stelle verzichten. Nichtsdestotrotz halte ich es nicht für vertretbar, dass man Menschen eine Gebühr von 490,22 Euro für die Unterbringung in einem Mehrbettzimmer abverlangt. Ich habe kein Problem damit, dass Geflüchtete, sobald sie über ein eigenes Einkommen verfügen, auch selbst für ihren Lebensunterhalt sorgen, aber es macht einen großen Unterschied ob ich rund 500 Euro für eine eigene Wohnung oder für ein Bett in einem Mehrbettzimmer in einer Sammelunterkunft bezahle. Nicht zuletzt sollte man auch bedenken, welche psychologische Wirkung solche Gebührenbescheide bei den Betroffenen auslösen. Schließlich sind diese Bescheide selbst für Muttersprachler in der Regel überhaupt nicht verständlich.

Das soll keineswegs heißen, dass die Gebühr grundsätzlich nicht erhoben werden sollte. Selbstverständlich sollte die Gebühr in voller Höhe den jeweiligen Sozialleistungsträgern in Rechnung gestellt werden, ist das doch der einzige Weg, wie die Stadt ihre Unterkunft in irgendeiner Form refinanziert bekommt. Das Niedersächsische Kommunalabgabengesetz sieht aber explizit Ausnahmemöglichkeiten vor. Und ich denke wir brauchen Ausnahmen für erwerbstätige Geflüchtete. Denn wir wissen, dass der Wohnungsmarkt in Hemmingen extrem schwierig ist und wir nicht ohne weiteres alle Geflüchteten dezentral in Wohnungen unterbringen können. Und im Prinzip muss man sich auch die Frage stellen, warum es nicht erst einmal grundsätzlich Unterstützung von Bund und Ländern für den Betrieb solcher Unterkünfte gibt.

Was in dem Zusammenhang deshalb auch dringend erwähnt werden muss: Es kann nicht sein, dass Kommunen wie Hemmingen in dieser Situation wieder auf den Kosten für die Unterbringung Geflüchteter sitzen bleibt. Und vor allem kann es nicht sein, dass wir jetzt tatsächlich eine Zwei-Klassen-Gesellschaft unter den Geflüchteten bekommen. Denn die Gebührenproblematik hat nicht im wesentlichen die Stadt Hemmingen zu verantworten. Vollmundig werden in Bund und Land die Übernahme der Kosten versprochen. In den Bund-Länder-Gesprächen wurden zwei Milliarden Euro unter anderem auch für die Übernahme der Kosten für die Unterbringung von Geflüchteten zugesagt – allerdings nur für ukrainische Geflüchtete. Genauso wurde sich darauf geeinigt, Geflüchteten aus der Ukraine direkt Sozialleistungen aus dem SGB II bzw. XII zugänglich zu machen, während alle anderen weiterhin Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhalten. Leider nehmen viele Menschen zwar problemlos Geflüchtete aus der Ukraine auf, sind aber nicht bereit, Menschen aus anderen Herkunftsstaaten unterzubringen. Das hat die Verwaltung heute im Prinzip auch noch einmal bestätigt. Und so stehen wir im Prinzip vor der absurden Situation, dass wir alle neu angekommenen ukrainischen Geflüchteten dezentral untergebracht bekommen, während andere weiterhin in der Sammelunterkunft bleiben und wir von Bund und Ländern für diese Menschen keine Kostenerstattung bekommen. Eine Sammelunterkunft voller Ukrainer:innen würde dagegen vermutlich von anderen Stellen finanziell unterstützt. Und letztlich betreiben wir mangels Wohnraum künftig eine Sammelunterkunft, die wir von niemand zuverlässig refinanziert bekommen, was dazu führt, dass wir uns eigentlich alle einig sind, dass Geflüchtete möglichst dezentral untergebracht werden sollen, aber gleichzeitig eigentlich eine voll belegte Sammelunterkunft bräuchten, weil wir für leere Plätze von keiner Stelle Geld bekommen. Anders als z.B. in der so genannten Flüchtlingskrise 2015, als die Region Hannover die Kosten für leer bleibende Plätze übernommen hat.

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